Transrapid durch ganz Europa? Der Trans-Europa-Express

Meinungen

Gastautor: Johannes Braun

Senior Project Manager (1998 -2006) bei Siemens & Transrapid International, Baustellenleiter Shanghai Transrapid (2001 – 2003), bekannt aus einem Gastkommentar bei Handelsblatt über den Transrapid.

Ein europäisches Höchst-geschwindigkeitsnetz

Ökonomen, wie das Düsseldorfer Institut für Makroökonomie, das österreichische “Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche” und das französische “Observatoire français des conjonctures économiques” fordern ein europäisches Investitionsprogramm, um die Coronakrise zu bewältigen. Gelder sollen in ein Projekt fließen; ein „Ultra-Rapid-Zug“ soll die europäischen Metropolen verbinden.

Eine Reise vom Berliner Hauptbahnhof nach Paris Gare de l’est in drei Stunden wäre in einem „Ultra-Rapid-Zug“ möglich. Europäische Magistralen schaffen mit dem Ziel nicht nur die Reisezeiten gegenüber dem Flugzeug zu verkürzen, sondern umweltfreundlich zu reisen mit wesentlich geringerem Energiebedarf als es mit dem Flugzeug möglich ist. Bei entsprechender Energiequelle ist dies CO2-emmissionsfrei möglich – das innereuropäische Fliegen wäre obsolet. Das geht allerdings nicht mit Zuggeschwindigkeiten von 230 km/h – es bedarf eines Systemwechsels.

Ein solch greifbares Projekt käme jedem Land zugute und würde viele Ziele vereinen: Wertschöpfung in Europa, Innovation, umweltfreundliches Reisen und somit einen wichtigen/ unverzichtbaren Beitrag zur Erfüllung des Klimagesetzes leisten.

Die Technologien

zur Realisierung einer derartigen Vision gibt es – teilweise seit Jahrzenten.

Bild: Johannes Braun

Transrapid

Die in Deutschland entwickelte Magnetschnellbahn, die zwischen Berlin und Hamburg, als ersten Abschnitt eines europäischen Netzes realisiert werden sollte, wurde durch die Rot-Grüne Regierung, kurz vor Baubeginn, gestoppt – mit der Begründung, dass es ein „schnelleres und günstigeres Verkehrsmittel gibt …das Flugzeug“, so Albert Schmidt, die Grünen, im Bundestag Februar 2000. Rot-Grün gab dem Flugzeug den Vorrang.

Der Transrapid wurde dann ab 2001 von Siemens und ThyssenKrupp in einer Rekordzeit in Shanghai realisiert. Dort fährt der schnellste Zug der Welt noch heute mit einer nahezu 100%igen Pünktlichkeit.

600km/h-Maglev

Spätestens mit der Inbetriebnahme in Shanghai waren die Chinesen restlos von den Vorteilen des Transrapids überzeugt. Seither arbeiteten sie konsequent daran sich diese Technologie anzueignen. Eine identische „Eigenentwicklung“ soll ihre Mega-Städte verbinden. Inzwischen hat CRRC ihr erstes Fahrzeug fertig gestellt: den 600km/h Maglev. Im Juni 2020 absolvierte der Zug seine Streckentests.

Hyperloop

Elon Musk präsentierte das Konzept „Hyperloop Alpha“ im Jahr 2013. Die Idee Zugkapseln mit Höchstgeschwindigkeit in einer luftevakuierten Röhre zu betreiben, ist allerdings älter. Eine bereits anwendungsreife Planung gab es schon:

  • In den 90er Jahren entwickelten die Transrapidleute mit ihren Schweizer Partnern die Swissmetro. Ein unterirdisches Magnetschwebebahnnetz in teilevakuierten Tunnelröhren sollte den ohnehin schon vorbildlich öffentlichen Schweizer Fernverkehr weiter verbessern. So wären für die etwa 100km von Bern nach Zürich weniger als 15 Minuten benötigt worden. Das Projekt wurde nicht realisiert.

Inzwischen gibt es eine neue technologiebegeisterte Generation von Unternehmern und Ingenieuren, die an der Realisierung von Hyperloop-Systemen arbeiten. Die größten Unternehmen sind z.B. Virgin Hyperloop, Hyperloop TT, Transpod, Hardt Hyperloop und Nevomo. Letztere mit ihrem Magrail; eine Hybridlösung die sowohl Magnetschnellbahnen mit 550km/h als auch konventionelle Züge auf bestehenden, technologisch modifizierten Eisenbahnstrecken verkehren lässt. In der finalen Realisierung mit der Vakuumröhre werden Geschwindigkeiten jenseits der 600km/h erreicht.

Im Gegensatz zum Konzept von Elon Musk, den Schwebezustand des Zuges auf einem „Luft“polster zu erreichen, bauen Firmen, wie z.B. Hyperloop TT oder Virgin auf das Schwebeprinzip des Transrapid – das elektromagnetische Schweben; Nevomo plant mit dem elektrodynamischen Schweben. Allen gemeinsam ist der in die Strecke integrierte Linearmotor.

Einige dieser ehrgeizigen Unternehmen haben bereits Testeinrichtungen in Betrieb, z.B. Hyperloop TT in Toulouse, Hardt Hyperloop in den Niederlanden oder Virgin, die in Las Vegas Ende 2020 erfolgreich erste Testfahrten mit einer Hyperloop-Kapsel in einer Vakuumröhre absolvierten – ein wichtiger Schritt hin zur Validierung der Anwendungsreife.

Aktuelle Analysen ergeben, dass die Hyperloop-Technologie umsetzbar ist mit der Empfehlung erste ausgewählte Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zu realisieren.

Der Systemwechsel

Aktuell werden Konzepte zu Transeuropäischen-Höchstgeschwindigkeitsstrecken nicht mehr rein abstrakt diskutiert; einige der Hyperloop-Entwickler stehen bereits in intensiven Gesprächen mit potentiellen Partnern aus der Bauindustrie und Betreibern von derartigen Relationen – darunter europäische Bahnbetreiber und Fluggesellschaften. Kommt ein Systemwechsel weg vom innereuropäischen Flugverkehr? Er würde das Ziel des umweltfreundlichen Reisens erfüllen – ein wichtiger Baustein in der Umsetzung des Klimagesetzes. Aber welche Technologie kommt zum Einsatz?

Schafft es der erprobte Transrapid, Made in Germany? Aber haben wir noch das Expertenwissen für ein solches Projekt – oder ist es längst verloren und der 600km/h-Maglev aus China kommt in Europa zum Einsatz?

Eine Alternative kann ein Hyperloopsystem sein. Wünschenswert wäre ein europäischer Standard. Im Anfang muss die richtige Entscheidung getroffen werden. Den verschiedenen Hyperloop-Unternehmern sei empfohlen gemeinsam voranzuschreiten. Mit einer wohlüberlegten Zuordnung ihrer Ressourcen in einer übergreifenden Organisation, basierend auf ihren individuellen Stärken, können sie ihr Ziel, den Bau einer ersten Hyperloop-Anwendungsstrecke, erreichen.

Der Trans-Europa-Express

Ein Zug lässt unseren Kontinent zusammenwachsen. Mit den vorhandenen Technologien ist dies machbar – der innereuropäische Flugverkehr wird obsolet. Wer Innovation will, wer von CO2-Zielen spricht, muss diese auch umsetzen. Die Finanzierung ist durch das verabschiedete EU-Konjunkturpaket möglich. Pro-Aktives Handeln ist von unserer Politik gefordert: Keine Angst vor Technik – dem vermeintlich Neuem eine Chance geben. So kann auch das kürzlich verkündete Urteil des BVerfG zum Klimaschutzgesetz in Deutschland umgesetzt werden.

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